Sonntag, 24.8.2025
Jesaja 66,18-21 und Lk 13,22-30
Hinführung zu den Texten:
Es ist Sommer. Für viele eine Zeit, wo wir im Urlaub aus den alltäglichen Gewohnheiten, Abläufen, Mustern für ein paar Tage aussteigen. Solche Haltepunkte brauchen wir, um unser Navi im Leben wieder nachzujustieren. Wohin geht die Reise eigentlich? Und: Sind wir am richtigen Weg? Haben wir alles dabei, um ans Ziel zu kommen?
Ja – welches Ziel eigentlich?
Zwei biblische Texte, die wir jetzt hören, stellen diese Frage:
Wohin geht eigentlich meine Reise?
Welches Ziel habe ich im Leben und vielleicht über dieses irdische Leben hinaus?
Wir hören bei Jesaja von einem Gott, die alle Register zieht, um alle Menschen, alle Nationen
in seine Stadt Jerusalem, also in den Himmel, einzuladen. Ein Gott mit offenen Armen und
weit offenen Himmelstüren.
Doch im Evangelium hören wir andere Töne: „Ich kenne euch nicht! Die Tür ist zu.“
Was stimmt jetzt? Was ist der Himmel? Kann „Himmel“ und „Reich Gottes“ etwas mit
meinem Lebensziel zu tun?
Wie muss und will ich leben, um zu diesem Ziel zu kommen?
1. Lesung: Jesaja 66,18-21
So spricht der Herr:
Ich kenne die Taten und die Gedanken aller Nationen und Sprachen
und komme, um sie zu versammeln,
und sie werden kommen und meine Herrlichkeit sehen.
Ich stelle bei ihnen ein Zeichen auf
und schicke von ihnen einige, die entronnen sind,
zu den Nationen, zu den fernen Inseln,
die noch keine Kunde von mir gehört
und meine Herrlichkeit noch nicht gesehen haben.
Sie sollen meine Herrlichkeit unter den Nationen verkünden.
Sie werden alle eure Brüder aus allen Nationen
als Opfergabe für den Herrn herbeibringen
auf Rossen und Wagen,
in Sänften, auf Maultieren und Kamelen,
zu meinem heiligen Berg nach Jerusalem, spricht der Herr,
so wie die Söhne Israels
ihre Opfergabe in reinen Gefäßen zum Haus des Herrn bringen.
Und auch aus ihnen
nehme ich einige zu levitischen Priestern, spricht der Herr.
Evangelium Lk 13,22-30
In jener Zeit
zog Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem
von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf
und lehrte.
Da fragte ihn einer:
Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?
Er sagte zu ihnen:
Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen;
denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen,
aber es wird ihnen nicht gelingen.
Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt
und ihr draußen steht,
an die Tür klopft
und ruft: Herr, mach uns auf!,
dann wird er euch antworten:
Ich weiß nicht, woher ihr seid.
Dann werdet ihr anfangen zu sagen:
Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken
und du hast auf unseren Straßen gelehrt.
Er aber wird euch erwidern:
Ich weiß nicht, woher ihr seid.
Weg von mir,
ihr habt alle Unrecht getan!
Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein,
wenn ihr seht, dass Abraham, Ísaak und Jakob
und alle Propheten im Reich Gottes sind,
ihr selbst aber ausgeschlossen seid.
Und sie werden von Osten und Westen
und von Norden und Süden kommen
und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.
Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein,
und da sind Erste, die werden Letzte sein.
VERTIEFUNG DES WORTES GOTTES
Wie geht es euch, wenn ihr das hört?
Manche biblischen Texte fordern uns heraus, widersprechen sich, stoßen uns ab.
„Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?“
Die Antworten, die Jesus gibt, gehen nicht so leicht über die Lippen.
Drei Bilder, drei Jesusworte werden vom Evangelisten Lukas da heute also zusammengelegt,
um uns aufzurütteln:
Nein, es ist nicht Wurst, wie du lebst.
Wach auf aus der Beliebigkeit!
Wach auf aus der Resignation!
Es geht ums JETZT! Es geht um dich und dein Leben!
Wie willst du es leben? Wo bist du in Mustern gefangen?
Wofür lohnt es sich, in der Früh aufzustehen, neu zu beginnen,
etwas mitzugestalten und die Herausforderungen des eigenen Weges anzunehmen?
Und noch klarer und gerader, biblscher:
Willst du in den Himmel kommen?
Wenn ja, kannst du vielleicht von den drei Bildern profitieren:
die schmale Tür
die verschlossen Tür
und die Letzten, die vielleicht am Ende die Ersten sind.
Das Bild von der engen Tür bleibt heute bei mir hängen.
Ich habe eine mittelalterliche Burg vor mir mit einem großen Burgtor, in dem noch einmal
eine kleine Tür eingebaut ist.
Pferde kommen da nicht durch, auch keine Ritter in ihrer Rüstung.
Du musst vom hohen Ross heruntersteigen und sogar deine Rüstung ablegen, um hier hinein
zu kommen.
Wenn diese Burg mit dem kleinen Tor ein Bild für unser Lebensziel ist, heißt das: Wenn wir
zu groß werden oder uns zu groß machen wollen, wenn wir zuviel an uns hängen, uns
beschweren mit Unnötigem, werden wir durch diese Tür nicht durchkommen. Das betrifft
nicht nur das Materielle.
Das sind Bilder, die wir von unserer Person haben: wir vergleichen uns mit anderen, spüren
Leistungsdruck, Perfektionismus, Muster, die wir gelernt haben und die uns nicht frei
machen.
Ein ICH, das mit dem, wie ich von Gott gedacht bin, vielleicht gar nicht so viel zu tun hat.
Was heute im Evangelium so fordernd klingt, dass ich vielleicht am Ende meines Lebens vor
verschlossenen Türen stehen könnte, will eine Warnung sein, mir kein falsches und
aufgeblähtes ICH aufzubauen im Leben, sondern nach dem zu suchen, was mich eigentlich
ausmacht mit meinen Fähigkeiten, meiner Liebesfähigkeit, meiner Schwäche und
Verletzlichkeit – mein SELBST zu suchen. Vielleicht ist es ganz zart und klein und schüchtern,
aber es wird von mir gesehen und geliebt. Nur so kann es wachsen.
Wir haben uns in dieser Woche auf unterschiedliche Weise mit unserem SELBST beschäftigt.
Wie bin ich? Wie möchte ich sein?
Was macht mich aus? Was kann ich gut? Was zeige ich von mir?
Welches Bild habe ich mir in meinen Lebensjahren von mir selbst gemacht?
Wie erlebe ich mich mit anderen? Kann ich ja zu mir sagen?
Diese Fragen, diese „Menschwerdung“ brauchen ein eigenes Navi.
Das christliche Menschenbild nennt das Ziel des Menschen HIMMEL, Ankommen im
göttlichen Raum, im himmlischen Jerusalem, ankommen bei Gott, Gott ähnlich werden.
Der hl. Athanasius von Alexandrien sagt im 4 Jahrhundert nach Christus:
„Gott wurde Mensch, damit der Mensch vergöttlicht werde.“
Alles, was du am Weg dorthin an Lähmendem, Schweren, an Täuschungen über dich selbst
mitgenommem hast, ist wie eine schwere Rüstung, die du dann ablegen musst, weil die Tür
zum Himmel klein ist.
„Mach es wie Gott, werde Mensch!“ ist der Titel eines Buches des deutschen Bischof Franz
Kamphaus. Ich finde dieses Zitat ermutigend: Gott zeigt den Weg vor: Er steigt in seiner
Menschwerdung vom hohen Ross, er legt sein Gottsein ab wie eine Rüstung, um durch die
enge Tür zu uns Menschen zu gelangen.
Mein SELBST zu entdecken
ist eine Lebensaufgabe
- ist eine Lebensaufgabe
- macht lebendig und frei
- ist ein Heimkommen zu meinem Urgedanken, zu dem, wie ich ursprünglich
- gemeint bin
- ist ein freies JA zu dem Ziel, zu dem mich Gott einlädt
„Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?“
Im Blick auf das Ganze der Bibel glaube ich, dass Gott alle Menschen einlädt, ganz Mensch zu
werden, im Leben jetzt ihre Bestimmung, den Himmel auf Erden, zu erleben und am Ende
der Erde uns im Himmel wiederzufinden.
Wir sind frei, diese Einladung anzunehmen. Und Gott ist geduldig: Die Letzten werden die
Ersten sein.
Wenn wir jetzt die Bibeltexte nachklingen lassen in einer Stille, können wir vielleicht ins
Gespräch mit uns selbst. Vielleicht entsteht ein inneres Gespräch mit Gott, mit dem ich
meine Navi-Einstellungen neu zentrieren kann. Wo es mich mit leichtem Herzen und voll
Freude hinzieht, dort geht es Richtung Himmel.
Marlies Prettenthaler-Heckel