Schon vor 19 Jahren hatte P. Karl begonnen, Gedanken und Wünsche für den Fall seines Todes aufzuschreiben, darunter die Wünsche für Lieder und Texte, die dann auch bei den beiden Feiern im Haus der Stille und in der Grazer Franziskanerkirche seinen Geist noch einmal spürbar werden ließen. Auch Bilder aus seinem Leben, begleitet von Zitaten aus seinen Büchern „Unterwegs mit den Menschen“ und „Wähle das Leben“ zeigten ihn nochmals in seinen vielfältigen Begegnungen mit Menschen, die er begleiten durfte, die aber auch für ihn auf seinem Lebensweg zu Begleiterinnen und Begleitern geworden waren.
Schon zum von Marlies Prettenthaler-Heckel geleiteten Abendgebet im Haus der Stille kamen viele aus der Nachbarschaft und Menschen, die P. Karl in all den Jahren im Haus der Stille kennen und schätzen gelernt hatten, auch wenn es immer wieder herausfordernde Momente gegeben hatte. Einige von diesen bunten Lebenserinnerungen konnten auch ausgesprochen werden, andere wurden bei der anschließenden Agape an den Tischen geteilt, wo sich Menschen wieder trafen, die teilweise vor 40 oder mehr Jahren hier im Haus der Stille zusammengefunden hatten.
Den Auferstehungsgottesdienst in der Grazer Franziskanerkirche leitete Weihbischof Johannes Freitag, dessen Schwester einst ein Jahr lang in der Hausgemeinschaft gelebt hatte. Der Provinzial der Franziskaner, P. Fritz Wenigwieser, der als Hausoberer P. Karl im Jahr 2019 im Shalomkloster in Pupping aufgenommen hatte, spannte in seiner Predigt ganz im Sinn von P. Karl, der sich eine biblische Predigt anstelle einer Laudatio auf seine Person gewünscht hatte, den Bogen vom Bäckerlehrling zum lebendigen Brot, das Jesus für die Menschen sein wollte. Musikalisch wurde der Gottesdienst mit Liedern aus dem Haus der Stille, unterstützt von Instrumentalmusik und vom Chor der Stille gestaltet. Unter den konzelebrierenden Priestern war auch Peter Weberhofer, ein Wegbegleiter der ersten Stunde und Gründungsmitglied des Vereins Haus der Stille.
Der aktuelle Guardian von Pupping, P. Stefan Kitzmüller, der letzte Hausobere von P. Karl, verlas Dankesworte der österreichischen INFAG, dem Zusammenschluss aller franziskanischen Brüder und Schwestern in Österreich, dem auch das Haus der Stille angehört. Es war P. Karls große Leidenschaft und sein Verdienst, dass dieses Miteinander aller franziskanisch bewegten Menschen auch in Österreich in eine Form gegossen werden konnte. Für das Haus der Stille dankte Otto Feldbaumer P. Karl für dieses sein Lebenswerk. Weihbischof Johannes Freitag dankte zunächst im persönlichen Namen und dann namens der Diözese Graz-Seckau für das Wirken von P. Karl als Jugendseelsorger, als Seelsorger der Studierenden an der damaligen Religionspädagogischen Akademie und der Religionspädagog:innen und als Initiator eines geistlichen Zentrums, von dem Bischof Wilhelm Krautwaschl vor einigen Jahren sagte: „Wenn es das Haus der Stille nicht gäbe, müssten wir es erfinden.“
Mit bereitstehenden Bussen und öffentlichen Verkehrsmitteln, und von den Franziskanern ausgerüstet mit Trinkwasser für diesen bisher heißesten Tag des Jahres, ging es anschließend zum Stadtfriedhof Graz St. Peter, wo P. Karl im Grab der Franziskaner beigesetzt wurde. Diese letzte Feier wurde von P. Stefan aus Pupping geleitet und mit dem jahrhundertealten Gesang des „Ultima“, gesungen von seinen franziskanischen Mitbrüdern, beschlossen.
Zurück im Franziskanerkloster gab es noch eine Agape mit Gulasch und Getränken, vielen Begegnungsmöglichkeiten und Gesprächen und einem letzten Geschenk von P. Karl: alle Teilnehmer:innen an seinem Begräbnis sollten als Geschenk eine Rose bekommen und eine Karte mit der Zusage: „Du Mensch, bist von Anfang an wertvoll“.
Was bleibt, ist eine große Dankbarkeit für P. Karl Maderner, sein Leben, sein Dasein für Menschen und sein großes Lebenswerk: das Haus der Stille.
Hans Waltersdorfer
Seit Bethlehem ist jeder Mensch eine lebendige Monstranz
Gott, seitdem Jesus in Bethlehem am Rand der Welt
zur Welt kam und heranwuchs
Säugling war und Junge war und 33 war
und er alles, was wir dachten und redeten und taten, in Frage stellte
seitdem ist unsere Erde wie umgepflügt
alles hat einen neuen Glanz
denn du, Gott, scheinst aus allem heraus
aus dem größten Dreck
aus dem ärmsten Stall
aus dem leersten Stroh
du, Gott, auf dem Gesicht aller Menschen
auf dem Gesicht der alten und jungen
du, Gott, auf dem Gesicht der Kinder
der schwarzen und weißen, der gelben und roten
Seit Bethlehem ist jeder Mensch eine lebendige Monstranz deiner Schönheit, Gott
Gott, lass die Ehrfurcht vor jedem Menschen in uns wachsenWilhelm Willms
Auferstehungsgottesdienst
Mittwoch, 2. Juli 2025, 11.00 Uhr
in der Franziskanerkirche Graz
anschließend Beisetzung im Grab der Franziskaner auf dem Stadtfriedhof Graz-St. Peter
(Transfer mit Bussen und öffentlichen Verkehrsmitteln)
anschließend Agape im Bernhardin-Saal im Franziskanerkloster
Ab 9 Uhr besteht in der Franziskanerkirche die Möglichkeit zur persönlichen Verabschiedung.
Wachtgebet
Dienstag, 1. Juli 2025, 18.00 Uhr
im Haus der Stille
anschließend Agape
Bitte um Zimmerreservierung bei Bedarf für die Nacht vom Dienstag auf Mittwoch unter info@haus-der-stille.at
Gebetsgedenken in Wien: Samstag, 5. Juli, 18.00 Uhr, im
Franziskanischen Begegnungszentrum, Simmeringer Hauptstraße 175
(anschließend Agape – bitte, etwas zum Teilen mitbringen)
Ein leidenschaftlicher Erneuerer, ein streitbarer Pionier, ein kreativer Gott- und Menschensucher, ein moderner Franziskaner, der Gründer unseres Hauses, P. Karl Maderner, hat seinen letzten „Ermutigungsweg“ angetreten. Von einem schweren Sturz vor einigen Wochen in Pupping, wo er die letzten Jahre gelebt hat, hat er sich nicht mehr erholt und ist in Graz im Annaheim am 21. Juni 2025 verstorben.
Ohne P. Karl würde im Rosental bei Heiligenkreuz am Waasen nicht das Haus der Stille stehen mit seinem besonderen Geist, der so viele Menschen angezogen hat und es immer neu tut.
Zahlreiche Menschen verbinden schöne biografische Erlebnisse mit P. Karl und unserem Haus. Wir danken für ein reiches und für die Weiterentwicklung der Spiritualität in der Steiermark so engagiertes Leben. Dass dieses „Leben aus der Mitte“ in Gottverbundenheit durch einen einfachen, geschwisterlichen Lebensstil über Konfessions- und Religionsgrenzen hinaus gelingen kann, ist das Erbe von P. Karl, das im Haus der Stille weiterleben soll.
Gemeinsam mit dem großen Dank für das Wirken von P. Karl legen wir mit ihm in Gottes Barmherzigkeit, was an Schwerem und Unversöhntem noch da sein mag.
Bei einem Besuch in Pupping zu Beginn unserer Tätigkeit im Haus der Stille im September 2024 hat uns P. Karl auf unsere Bitte hin den Segen für unsere Tätigkeit im Vorstand und in der Hausleitung gegeben. Mit diesem Segen gestärkt wollen wir das Haus nun inhaltlich neu ausrichten, baulich adaptieren und gut in die Zukunft führen.
Frieden und Gutes erwarten dich in deinem neuen himmlischen Haus der Stille, lieber P. Karl!
Pace e bene!
Marlies und Bernhard
für den Vorstand, die Hausleitung und alle Mitarbeitenden im Haus der Stille
Wachtgebet für P. Karl
Wenn ich gestorben bin, feiert nicht mich -
und auch nicht den Tod.
Feiert DEN, der ein Gott von Lebendigen ist!Kurt Marti
Wir sollen heute, wie es sich P. Karl gewünscht hat, das Leben feiern und den, der dieses Leben in die Ewigkeit fortsetzt, der uns im neuen Leben willkommen heißt, wenn der irdische Weg vollendet ist.
Wir wollen heute dem Schönen Platz geben, den Erinnerungen, dem Guten, das P. Karl durch seine Ideen und Talente auf die Welt gebracht hat.
Er hat uns aber auch ausdrücklich gebeten, für alles zu beten, was ihm nicht gelungen ist und es der barmherzigen Liebe Gottes anzuvertrauen.
Wir dürfen auch traurig sein, dass P. Karl, der für viele von uns ein Lebensbegleiter war, nicht mehr da ist. Er hinterlässt einen Leerraum. Er wird uns fehlen.
Gott, du hast gegeben
Gott, du nimmst zurück
ein großes Leben,
einen inspirierenden Menschen,
einen Querdenker und Brückenbauer
einen liebevollen Begleiter und Erneuerer.
Nimm in deine Hände, alles, was noch unfertig ist
alles, was Wunden hinterlassen hat
und alles, was wir noch festhalten wollen.
Nimm in deine Hände deinen Diener,
P. Karl, und hol ihn an deinen Tisch
in deinem wunderbaren himmlischen Leben. Amen.
Zahlreiche Menschen haben ihre Dankbarkeit und ihre lebendigen Erinnerungen an P. Karl mit uns geteilt – spontan beim Wachtgebet im Haus der Stille, im aufliegenden Kondolenzbuch, auf Facebook, per Mail, Brief… Hier ein kleiner Auszug:

























































































































P. Karl Maderner ofm
- geboren am 8. September 1942 in Baden bei Wien, aufgewachsen in Ternitz (NÖ)
- Bäcker- und Kochlehre
- 1961: Spätberufenenseminar und Aufbaugymnasium Horn
- 1966: Matura und Eintritt in den Franziskanerorden
- 1972: Priesterweihe, Kaplansjahre in Mariatrost bei Graz
- Besuch erster Meditationskurse in Deutschland und Ausbildung zum Meditationsleiter durch Klemens Tilmann
- 1974: Katechetenseelsorger und Studentenseelsorger für die angehenden Religionslehrer:innen in der Steiermark
- 1977: Gründung eines Arbeitskreises „Meditation und Einkehrtage“ und in weiterer Folge des Vereins „Leben aus der Mitte“ mit dem Ziel, ein „Haus der Stille“ zu schaffen
- 1979: Übernahme des Marienklosters Rosental von Redemptoristinnen und Umbau zum Haus der Stille
- Leitung des Hauses der Stille bis 1999
- 2000 – 2002: Leitung des „Franziskanischen Rasthauses“ im benachbarten Haus Emmaus
- 2004 – 2012: Vorsitzender des Vereins „Leben aus der Mitte“, der 2006 in „Verein Haus der Stille“ umbenannt wird
- 2017: Übergabe der Seelsorgsverantwortung im Haus der Stille an P. Sascha Heinze SAC
- 2019: Übersiedelung in das Franziskanerkloster Pupping (OÖ)
Auszüge aus den Büchern von P. Karl zu seinen Herzensthemen

Jugend
„Für uns, die wir dafür verantwortlich sind, dass die jungen Menschen ein Umfeld vorfinden, das ihnen die besten Entfaltungsmöglichkeiten gibt, stellt sich die Frage: Wie sind die Zeichen der Zeit in den vorgegebenen Verhältnissen zu deuten? Die Jungen brauchen ein Biotop, wo sie sich zum Guten hin entwickeln können. Wie aber können wir das, was wir Etablierten als wertvoll erkannt haben, so aufbereiten, dass auch junge Menschen dies annehmen können? … Es braucht Laboratorien des Glaubens, Stätten der Suche und der Besinnung, der Begegnung und der Gemeinschaft. Unsere Kirche braucht zum Überleben die Jugend. Nur eine Kirche, die auf die Jungen hört, kann die Zeichen der Zeit verstehen.“
Erneuerung der Kirche
Die Kirche ist meine geistige Heimat, darum schmerzt mich ihr Niedergang. Die Not der Pfarrer und ihrer Gemeinden hat ein unerträgliches Maß erreicht.
Nie zuvor wurde in unserer Kirche hier in Europa so viel organisiert, geplant, gearbeitet und studiert wie heute, und doch war unser Tun noch nie so ausgehöhlt und unfruchtbar. Unsere Kirche ist viel zu verkopft und dadurch werden die Tiefenschichten des Menschen vernachlässigt. Anstelle von Verordnungsblättern würde ich mir Ermutigungsblätter wünschen, die an alle Verantwortlichen in der Kirche verteilt werden. Die Amtskirche muss zur Kenntnis nehmen, dass ihre Priester und Laien immer mehr und mehr erwachsen werden und auf weite Strecken keine Weisungen brauchen, weil sie in der konkreten Situation selber wissen, was für sie und ihre Gemeinden gut ist. Es gilt, dem Beispiel Jesu zu folgen: Das Gesetz ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. In allen Reformversuchen muss die erste Frage nicht lauten „Was ist erlaubt?“ sondern „Was dient dem Leben?“.
Liturgie
Ich bin überzeugt, dass Liturgie nicht zum Gähnen sein muss. Liturgie ist nicht Pflichterfüllung, sondern Ausdruck des Glaubens. Die Sprache der christlichen Liturgie ist für viele eine Fremdsprache geworden. Unsere Pflicht ist es, den Reichtum der christlichen Botschaft in eine Sprache zu übersetzen, in der der Mensch der Gegenwart sich wiedererkennt. Wo suchende Menschen zusammenkommen und ihren Glauben feiern, kann dies nicht nur in vorgegebenen Strukturen geschehen.
Meditation/Stille
In einer Zeit, in der auf uns Menschen viel Gift eindringt, müssen wir ein Gegengift entwickeln gegen den Stress. Die große Sehnsucht nach Stille und Meditation macht das sichtbar: Wenn wir noch mehr eingeengt werden von Lärm, Hast und Ruhelosigkeit, wird zugleich der Sinn für die Stille noch weiterwachsen. Franz von Sales sagt: „Du musst dir jeden Tag eine halbe Stunde Zeit fürs Gebet nehmen, ausgenommen, du hast sehr viel zu tun, dann brauchst du eine ganze Stunde“.
Schweigen heißt nicht bloß, dass ich nicht rede, sondern dass ich alle Fluchtmöglichkeiten aus der Hand gebe und mich so aushalte, wie ich jetzt bin. Gerade die ersten Augenblicke des Schweigens enthüllen mir mein inneres Durcheinander. An der Fähigkeit, allein in einem Zimmer sein zu können, entscheidet sich unsere geistliche Qualität.
Arme
Nimm deine eigene Ergänzungsbedürftigkeit ernst, dann wirst du auch deine Mitmenschen in ihrer Not erst nehmen. Die erste Loyalität, die vom Evangelium eingefordert wird, ist zweifelsohne jene mit den Armen und Ausgestoßenen. Wir müssen uns fragen: Wo erfahren sich die Menschen in ihrem alltäglichen Leben als gescheitert, missachtet, missbraucht und ungerecht behandelt, auch von uns als Kirche? Und: Wo erleben sie uns als Kirche lebensfördernd?
Ostkontakte
Wir haben unser soziales Engagement nie groß geplant. Aber immer wieder kamen ganz konkrete Situationen auf uns zu, und dann blieb uns nichts anderes über, als etwas zu tun. Durch waches soziales und politisches Handeln wollen wir unseren Beitrag zu einer gerechteren Welt leisten. So haben wir durch eine mehrjährige Präsenz mitgeholfen, in einer Kleinstadt in Rumänien, in Lipova, ein soziales Netz aufzubauen, das noch immer funktioniert.
Flüchtlinge
In den letzten 20 Jahren sind viele Flüchtlinge bei uns untergekommen. Wir haben ihnen Unterkunft, Verpflegung und Arbeit gegeben und ihnen geholfen, dass sie offiziell bei uns leben dürfen, dazwischen waren manche bis zu 10 Jahre in der Warteschleife ohne irgendeine Aussicht, etwas Vernünftiges zu tun. Das ist brutal.
Frieden und Interreligiosität
„Der Friede wartet auf seine Erbauer.“
Dialog ist der neue Name der Liebe. Heute brauchen wir besonders den Dialog mit den Weltreligionen, damit Religionen nicht Teil des Problems und Auslöser für Kriege sind, sondern Teil der Lösung. Im Haus der Stille wirst du nicht gefragt „Was glaubst du, zu welcher Religion oder Konfession gehörst du?“, sondern du kommst als Mensch. Ohne Religionsfrieden gibt es keinen Frieden.
Aber Frieden entsteht im Herzen des Menschen, oder es gibt ihn nicht.
Frieden ist nicht so eine Sache des Dialogs, der Diskussion, der Organisation, sondern vor allem eine Sache der Gesinnung, des Herzens, eine Sache neuer gesellschaftlicher und menschlicher Werte, die im Religiösen wurzeln.
Gemeinschaft
Wir im Haus der Stille verstehen uns nicht nur als eine soziale Gruppe, sondern als eine Gemeinschaft mit einem spirituellen Ziel: Die Gottsuche ist das verbindende und tragende Element. Es kommt zum Ausdruck im miteinander Reden, Arbeiten und Beten und macht Konflikte und Schwächen im Leben erträglicher. Wir teilen das, was wir sind und haben. Darin besteht unsere Gastfreundschaft.