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Mit Jesus zum Christus finden

Heute hören wir in den Lesungen Bekenntnisse. Bekenntnisse zu Gott, unserem Vater und zu Jesus Christus als den Sohn Gottes. Bekenntnisse, die aus dem Mund des Apostels Paulus und aus dem Mund Johannes des Täufers sehr glaubhaft, sehr überzeugend, sehr authentisch klingen. Bekenntnisse, die auf erlebter Erfahrung beruhen. Johannes der Täufer kennt Jesus, er ist sein Cousin, er tauft ihn im Jordan und wird Zeuge, wie der Heilige Geist auf Jesus herabkommt, und er wird Zeuge der Aussage „Der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft“. Und Paulus, der die Christ:innen seiner Zeit verfolgt hat, wird auf dem Weg nach Damaskus „von einem himmlischen Licht umstrahlt“ und bekehrt sich, er nennt es eine Offenbarungs- und Berufungserfahrung.

Zwei authentische Zeugen, die sich zu Jesus bekennen, die Jesus bekennen als den Christus, als den Sohn Gottes. Auch wir beten im apostolischen Glaubensbekenntnis, „Ich glaube an Gott, … und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn.“ Jesus wird also nicht nur als der Jesus von Nazareth gesehen und geglaubt, sondern als der Christus, als der Gesalbte und als der Sohn Gottes. Jesus ist also nicht nur ein großer Meister, Revolutionär und Menschenversteher. Die Person Jesu wird nun religiös, ja, wird göttlich gedeutet und genannt. Dieser Jesus von Nazareth, wie er anfangs genannt wird, wird also mit Attributen bezeichnet, die aus der religiösen Tradition und aus den Heilsverheißungen des Alten Testaments auf die historische Person Jesus übertragen werden. Attribute und Heilsverheißungen, die nur aus der Geschichte des Volkes Israel heraus verstehbar und erklärbar sind.

„Wer war Jesus, wer ist Christus?“, fragt der evangelische Theologe Tilmann Haberer in seinem Buch „Von der Anmut der Welt“. Die Geschichten über und von diesem Jesus aus Nazareth, die Geschichten dieses Christus hören wir immer, wenn wir eine Eucharistiefeier besuchen oder die Bibel lesen, uns mit diesem Jesus beschäftigen. Manchmal scheint vor allem in den Evangelien mehr die Person Jesu durch, manchmal, vor allem in den neutestamentlichen Lesungen, scheint Jesus mehr als der Christus durch.

Über den historischen Jesus gibt es nur Berichte in der Bibel. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus erwähnt in seinen Annalen (um 116/117 n. Chr.) einen gewissen „Chrestus“, der unter dem Kaiser Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus in Judäa hingerichtet worden sei und dessen Anhänger Kaiser Nero den Brand Roms in die Schuhe geschoben hätten.

Kehren wir zur Frage Tilmann Haberers zurück: „Wer war Jesus, wer ist Christus?“ Das Konzil von Nizäa (325) formulierte die “Wesensgleichheit” von Christus und Gott in der „Zwei-Naturen-Lehre“ als „wahren Gott“ und „wahren Menschen“ zugleich, und zwar „unvermischt und ungetrennt“. Und Tilmann Haberer schreibt: „Vielmehr gehen wir davon aus, dass in Jesus Christus – wie in uns allen – der Kosmische Christus zur Welt gekommen ist. Die Besonderheit liegt darin, dass der Mensch Jesus in seiner Persönlichkeit so geklärt war, dass er ein klares Bewusstsein seiner – unserer – göttlichen Natur hatte. Dieses klare Bewusstsein unterscheidet Jesus von den allermeisten anderen Menschen. Es ermöglicht ihm, in göttlicher Vollmacht zu sprechen. In ihm ist der Kosmische Christus erkennbar geworden. In ihm – wie in uns allen – hat sich das unendliche, unsterbliche, ewige göttliche Bewusstsein inkarniert, das heißt, unter den Bedingungen von Raum und Zeit Existenz angenommen.“ Und weiter schreibt er: „Inkarniert sich dieser Kosmische Christus aber nicht nur einmal in dem Menschen Jesus, sondern verstehen wir die gesamte Schöpfung als Inkarnation, dann ist diese Welt des Geschaffenen, der „Formen“, die wir wahrnehmen und in der wir uns bewegen, nichts Zufälliges, nichts weniger Reales als die Leere/Fülle, aus der alles entspringt. Sie ist ebenso Gott wie der Urgrund, der Schöpfer, die Quelle allen Seins.“

Der Jesuit Pierre Teilhard de Chardin beschreibt es so: „Die Vollendung der Evolution besteht darin, dass alle Entwicklungslinien auf ein gemeinsames Ziel zulaufen.“ – Teilhard nennt es den “Punkt Omega”. Für ihn ist dieses Ziel Christus – „der „kosmische Christus”, die Vollendung nicht nur der Menschheit, sondern des ganzen Universums.“ Jesus Christus ist also das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende, und Christus, die Wirklichkeit in allem. Die Wirklichkeit in Jesus von Nazareth, die Wirklichkeit in dir und mir und in aller Schöpfung und Materie, ja, im ganzen Kosmos.

Christus ist also die Wirklichkeit, die alles mit allem verbindet und die in allem lebt. Bruder David Steindl-Rast schreibt, „Indem du dich selbst kennst, kennst du Christus, indem du dich selbst verwirklichst, wirkt Christus in dir; indem du dein wahres Selbst findest, findest du Christus.“ „Wer war Jesus, wer ist Christus?“ Wir können also Jesus als lebendiges Beispiel sehen, wie diese Christuswirklichkeit sich im Menschen zeigen kann, und das eigene Selbst suchen und finden, denn darin finden wir, findest du, finde ich Christus. Wenn wir unser Selbst gefunden haben, haben wir Christus gefunden. David Steindl-Rast fragt weiter: „Und wie finde ich dieses Selbst? – Im Jetzt leben lernen!“  

Sascha Heinze SAC

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